KARL DER GROSSE IN INGELHEIM
Reisekönigtum
Vom Frühmittelalter bis zum Beginn des Spätmittelalters, also von ca. 500 n. Chr. bis ca. 1250 n. Chr., befanden sich die Könige und Kaiser des Frankenreiches und späteren Heiligen Römischen Reiches ständig auf Reisen. Es gab noch keine festen Regierungssitze oder Hauptstädte. Verschiedene Gründe machten es notwendig, ständig unterwegs zu sein. Dazu gehörten zum Beispiel politische Treffen, zahlreiche Kriege, die Kontrolle von Untertanen und Grundbesitz oder die generelle Präsenz des Königs beim Volk. Die Herrscher mit ihrem umfangreichen Gefolge fanden in der Regel Unterkunft in eigenen Residenzen, den Königspfalzen, die es im ganzen Land in regelmäßigen Abständen von ca. einem Tagesritt gab. Manchmal wurden sie aber auch in Klöstern und bischöflichen Palästen beherbergt, denn dort hatten sie ebenfalls Gastungsrecht.
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Frühmittelalterliche Pfalzen
Die frühmittelalterlichen Pfalzen hatten folgende grundlegende Elemente gemeinsam: Eine Aula, also einen Königssaal, eine Pfalzkirche, einen Wohntrakt und landwirtschaftliche Nebengebäude, die von einem Königshof aus verwaltet wurden.
Die Merowinger besaßen mehrere Pfalzen in den ehemals römischen Städten, die ihre politische und administrative Bedeutung unter den Germanen nicht eingebüßt hatten. Andere Pfalzen wurden auf dem Land in vorteilhafter Lage gegründet, zum Beispiel in der Nähe der Reichsgrenzen oder wichtiger kirchlicher Zentren, nahe günstiger Verkehrswege oder auch bei guten Jagdmöglichkeiten.
Die Karolinger nutzten die merowingischen Anlagen teilweise weiterhin, errichteten jedoch ganz überwiegend neue Pfalzen. Als Gründungen Karls des Großen gelten die Pfalzen in Aachen, Nimwegen, Paderborn, Ingelheim und andere.
Die Merowinger besaßen mehrere Pfalzen in den ehemals römischen Städten, die ihre politische und administrative Bedeutung unter den Germanen nicht eingebüßt hatten. Andere Pfalzen wurden auf dem Land in vorteilhafter Lage gegründet, zum Beispiel in der Nähe der Reichsgrenzen oder wichtiger kirchlicher Zentren, nahe günstiger Verkehrswege oder auch bei guten Jagdmöglichkeiten.
Die Karolinger nutzten die merowingischen Anlagen teilweise weiterhin, errichteten jedoch ganz überwiegend neue Pfalzen. Als Gründungen Karls des Großen gelten die Pfalzen in Aachen, Nimwegen, Paderborn, Ingelheim und andere.
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Bautätigkeit in Ingelheim
1. Basisinfo
In der Vita Karoli Magni, der ersten Karlsbiographie, verfasst von Einhard (*770, †840), wird die Gründung der Pfalz Ingelheim beschrieben. Karl der Große wird hier als Herrscher gelobt und als erfolgreicher Baumeister beschrieben. Einhard muss die besonderen Aufwendungen an Planung, Kosten, Bauleistungen und Werktechnik gut gekannt oder vielleicht sogar selbst beeinflusst haben, denn unter den Gelehrten am Hof Karls des Großen war er der Spezialist für Kunst, Kunsthandwerk und Architektur.
Der archäologische Baubefund bestätigt die schriftliche Überlieferung: Ungewöhnlich aufgrund der Größe und Symmetrie und einzigartig in den Bauformen ist die Pfalz Karls des Großen in Ingelheim in heutiger Sicht ohne Parallele in der Baukunst des Frühmittelalters.
Der archäologische Baubefund bestätigt die schriftliche Überlieferung: Ungewöhnlich aufgrund der Größe und Symmetrie und einzigartig in den Bauformen ist die Pfalz Karls des Großen in Ingelheim in heutiger Sicht ohne Parallele in der Baukunst des Frühmittelalters.
2. Weiterführende Info
Die Pfalz in Ingelheim wurde auf einer Hangterrasse in drei Kilometern Entfernung zum südlichen Rheinufer angelegt. Ihr Kernbezirk war 145 m x 110 m groß. Kennzeichnend für den Gesamtgrundriss sind ein Halbkreisbau und eine nach dem Vorbild antiker Basiliken gebaute Königshalle.
Die Form und Anordnung der Gebäude lässt einen geschlossenen Bauplan erkennen. Folgende Gebäude gab es hier zur Zeit Karls des Großen:
Die Königshalle, die Aula regia, war ein einschiffiger Saal im Südwesten des Pfalzbezirks. Er maß 38,5 m x 14,5 m und hatte im Süden einen halbrunden Abschluss, Apsis genannt, und im Norden eine Vorhalle. Von der Innenausstattung konnte man bei Ausgrabungen farbig bemalten Wandputz und Bodenplatten aus Marmor und Porphyr finden.
Die Form und Anordnung der Gebäude lässt einen geschlossenen Bauplan erkennen. Folgende Gebäude gab es hier zur Zeit Karls des Großen:
Die Königshalle, die Aula regia, war ein einschiffiger Saal im Südwesten des Pfalzbezirks. Er maß 38,5 m x 14,5 m und hatte im Süden einen halbrunden Abschluss, Apsis genannt, und im Norden eine Vorhalle. Von der Innenausstattung konnte man bei Ausgrabungen farbig bemalten Wandputz und Bodenplatten aus Marmor und Porphyr finden.
Gegenüber der Königshalle im Osten befand sich ein Halbkreisbau von 89 m Durchmesser. Die spezielle Form ist eine singuläre Erscheinung in der Architektur des frühen Mittelalters und umspannt die ganze Breite der Pfalzbebauung. Das Innere war durch Mauern in sechs oder mehr Säle gegliedert, die von einem Säulengang her zugänglich waren. Vor dem mindestens zweigeschossigen Bau befanden sich an der östlichen Außenfassade sechs Rundtürme, die zum Teil komplexe wasserführende Einrichtungen beherbergten. Ein sieben Kilometer langer Wasserkanal in römischer Bautechnik diente zur Speisung dieser Leitungen. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass im Scheitelpunkt der Halbkreisarchitektur einer der Hauptzugänge der Pfalz lag.
Nach Westen schlossen sich ein Saalbau und der Nordflügel mit einem Säulenhof an. Östlich neben der Aula existierte ein zweiter, bedeutend kleinerer Apsidenbau. Die karolingische Pfalzkirche wurde während der Grabung 2004 im Inneren der Kernbebauung nördlich der Saalkirche lokalisiert.
Architektur und Bauplastik der Ingelheimer Kaiserpfalz lassen den Einfluss antiker Vorbilder erkennen. Der nach dem Planideal geschlossene Gesamtgrundriss und die Lagebezogenheit der Bauteile zueinander sind der römischen Villen- und Palastarchitektur ähnlich und dadurch Ausdruck der Antikenrezeption Karls des Großen.
Architektur und Bauplastik der Ingelheimer Kaiserpfalz lassen den Einfluss antiker Vorbilder erkennen. Der nach dem Planideal geschlossene Gesamtgrundriss und die Lagebezogenheit der Bauteile zueinander sind der römischen Villen- und Palastarchitektur ähnlich und dadurch Ausdruck der Antikenrezeption Karls des Großen.
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Historisches
Karl der Große besuchte Ingelheim mehrmals, vier Aufenthalte sind sicher nachgewiesen:
774 kehrte er von der Eroberung des Langobardenreiches siegreich aus Pavia zurück und ordnete von Ingelheim aus die Entsendung von Truppen gegen die aufständischen Sachsen an.
787 feierte er Weihnachten in Ingelheim und blieb über den ganzen Winter. 788 feierte er dort das Osterfest und hielt eine folgenschwere Reichsversammlung ab: Tassilo III. von Bayern wurde verurteilt, entmachtet und das bayerische Herzogtum dem Fränkischen Reich einverleibt.
791 nimmt er in Ingelheim seinen Sohn Ludwig (später Kaiser Ludwig der Fromme) in Empfang und reist mit ihm über Worms nach Regensburg.
774 kehrte er von der Eroberung des Langobardenreiches siegreich aus Pavia zurück und ordnete von Ingelheim aus die Entsendung von Truppen gegen die aufständischen Sachsen an.
787 feierte er Weihnachten in Ingelheim und blieb über den ganzen Winter. 788 feierte er dort das Osterfest und hielt eine folgenschwere Reichsversammlung ab: Tassilo III. von Bayern wurde verurteilt, entmachtet und das bayerische Herzogtum dem Fränkischen Reich einverleibt.
791 nimmt er in Ingelheim seinen Sohn Ludwig (später Kaiser Ludwig der Fromme) in Empfang und reist mit ihm über Worms nach Regensburg.
807 beruft Karl erneut eine Reichsversammlung nach Ingelheim ein und stellt dort Urkunden aus.
Die Königsaufenthalte und die Hervorhebung in der Vita Karoli Magni kennzeichnen Ingelheim als einen der wichtigsten Regierungssitze Karls des Großen. Nach über 100 Jahren archäologischer Feldforschung ist der Palast heute in Teilbereichen freigelegt und begehbar.
Die Königsaufenthalte und die Hervorhebung in der Vita Karoli Magni kennzeichnen Ingelheim als einen der wichtigsten Regierungssitze Karls des Großen. Nach über 100 Jahren archäologischer Feldforschung ist der Palast heute in Teilbereichen freigelegt und begehbar.
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Besondere Funde
1. Goldmünze
Diese Goldmünze, die das Bildnis Karls des Großen zeigt, wurde 200 m westlich Pfalz, bei Ausgrabungen im Bereich einer Vorsiedlung gefunden.
Die Goldmünze zeigt auf der Vorderseite ein stark stilisiertes nach rechts blickendes Herrscherbrustbild mit Lorbeerkranz und Feldherrenmantel.
Die Goldmünze zeigt auf der Vorderseite ein stark stilisiertes nach rechts blickendes Herrscherbrustbild mit Lorbeerkranz und Feldherrenmantel.
Die Umschrift gibt die Kaisertitulatur Karls des Großen in leicht gekürzter Fassung wieder: + D(ominus) N(oster) KARLUS IMP(erator) AUG(ustus) REX F(rancorum) ET L(angobardorum).
Auf der Rückseite erscheint ein stilisiertes Stadttor mit der Umschrift + A R E L A T O, was für den Prägeort Arles in Frankreich steht.
Die Bezeichnung „Solidus“ weist auf ihre antiken Vorbilder hin, obwohl die Ingelheimer Münze mit 4,18 g deren Gewichtsstandard leicht unterschreitet.
Goldmünzen der Kaiserzeit Karls des Großen waren vor 1996 nicht bekannt. Die Existenz einer Goldprägung war zuvor außerdem wenig wahrscheinlich, denn Karl der Große beschloss mit der Münzreform im Jahr 794 eine monometallische Silberwährung. Eine schwere Silbermünze, der neu eingeführte Novus denarius, wurde zur einzigen Verkehrsmünze.
Aus numismatischer Sicht lässt die Interpretation des Solidus mit dem Kaiserbild Karls des Großen offenbar mehrere Deutungen zu, was die Münze aber nicht automatisch in die Zeit Ludwigs rückt.
Bis archäologische Neufunde diese Frage eindeutig beantworten können wird man die Prägung als einen Reflex auf das im Jahr 800 für das fränkische Reich neu erlangte Kaisertum bezeichnen können.
Die Prägung von Goldmünzen war ein aus der Antike überliefertes kaiserliches Vorrecht und zugleich ein Herrschaftszeichen. Der Solidus stellt Karl den Großen somit als Erneuerer des weströmischen Reiches dar.
Die Bezeichnung „Solidus“ weist auf ihre antiken Vorbilder hin, obwohl die Ingelheimer Münze mit 4,18 g deren Gewichtsstandard leicht unterschreitet.
Goldmünzen der Kaiserzeit Karls des Großen waren vor 1996 nicht bekannt. Die Existenz einer Goldprägung war zuvor außerdem wenig wahrscheinlich, denn Karl der Große beschloss mit der Münzreform im Jahr 794 eine monometallische Silberwährung. Eine schwere Silbermünze, der neu eingeführte Novus denarius, wurde zur einzigen Verkehrsmünze.
Aus numismatischer Sicht lässt die Interpretation des Solidus mit dem Kaiserbild Karls des Großen offenbar mehrere Deutungen zu, was die Münze aber nicht automatisch in die Zeit Ludwigs rückt.
Bis archäologische Neufunde diese Frage eindeutig beantworten können wird man die Prägung als einen Reflex auf das im Jahr 800 für das fränkische Reich neu erlangte Kaisertum bezeichnen können.
Die Prägung von Goldmünzen war ein aus der Antike überliefertes kaiserliches Vorrecht und zugleich ein Herrschaftszeichen. Der Solidus stellt Karl den Großen somit als Erneuerer des weströmischen Reiches dar.
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